Ein Erbstück (massiver Eichentisch) bekommt ein neues Leben als Stirnholz-Schneidebrett

„Wie lange dauert es eigentlich so ein Schneidebrett zu bauen?“
Diese und ähnliche Fragen werden uns sehr häufig gestellt.

Und die Antwort ist leider immer ernüchternd mit „Kommt ganz darauf an 😊“

Neben der Größe und Art der Schneidebretts (Längsholz vs. Stirnholz) kommt es ebenso darauf an ob wir ein einzelnes Unikat bauen oder gar eine kleine Miniserie gleicher Bretter.
Weiterhin spielt es eine Ausschlaggebende Rolle ob wir gekauftes Schnittholz verwenden oder aber
- so wie bei vielen unserer Produkte - alten Hölzern ein neues Leben geben möchten.

Daher kann die Herstellungszeit für ein echtes Kerbstück sich durchaus zwischen 2-5 Arbeitsstunden einpendeln.

Daher möchten wir euch einmal anhand eines Projektes aus dem Tagesgeschäft die einzelnen Arbeitsschritte und ihre Dauer aufschlüsseln.

Ein Erbstück (massiver Eichentisch) bekommt ein neues Leben als Stirnholz-Schneidebrett

– Ein echtes Kerbstück eben 😉

Diesen massiven Eichenholztisch haben wir von einer Kundin erhalten. Er stammt aus dem Nachlass ihrer Eltern und wurde in den 1970er Jahren in einem Auktionshaus in Köln bzw. Düsseldorf erstanden.
Das genaue Alter lässt sich nicht ganz beurteilen. Wir vermuten aufgrund der Art der Beschläge, Schrauben und Tischerweiterungen, dass er auch aus dieser Zeit (60er/70er) stammt.

  

Der Tisch stand einige Zeit zum Verkauf bei einem Gebrauchtmöbelhändler, leider ohne ein neues Zuhause zu finden. Bevor das Möbelstück dann in die Entsorgung ging durften wir als letzte Rettung den Tisch abholen.

Nun planen wir aus der Tischplatte ein paar wundervolle Stirnholzschneidebretter herzustellen.
Nachdem wir die Tischplatte vom Untergestell demontiert haben geht es nun direkt mit den einzelnen Arbeitsschritten los.

Schritt 1 – Vorbereiten der Tischplatte
(Arbeitszeit: 10 min, Gesamte Arbeitszeit: 10 min)

Als erstes werden sämtliche Beschläge, Gratleisten und sonstige Anbauteile demontiert, sodass nur die reine massive Tischplatte bleibt.
Hier sieht man schon, dass einige zusätzlichen Bohrungen unter den Gratleisten versteckt waren. Leider sind diese Bohrungen so groß, dass diese Bereiche leider nicht für das spätere Brett genutzt werden können, es würden zu große Hohlräume entstehen.
Im selben Zug suchen wir an dem Werkstück nach verborgenen Nägeln, Schrauben oder anderen Artefakten, welche uns bei der maschinellen Bearbeitung ärgerliche Überraschungen bescheren würden.
Hier war zum Glück nichts zu finden – Also weiter!

  

Schritt 2 – Auftrennen der Tischplatte
(Arbeitszeit: 15 min, Gesamte Arbeitszeit: 25 min)

Die Tischplatte ist aus mehreren durchgehenden Bohlen längs verleimt. Da wir aber nicht wissen welche Art Leim damals genutzt wurde trennen wir die Platte wieder entsprechend auf und hobeln die Leimfuge aus.

Schritt 3 - Bau des Längsholz-Rohlings
(Arbeitszeit: 25 min, Gesamte Arbeitszeit: 50 min)

Die einzelnen Bohlen werden nun an der Kappsäge auf die korrekte Länge des Längsolz-Rohlings abgelängt. Anschließend werden drei Seiten dem Abricht- & Dickenhobel „abgerichtet“.
Dies bedeutet es werden drei der vier Seiten zu einander in 90° Winkel gebracht.
Wir verleimen und verzwingen die Bohlen nun zu unserem Längsholz-Rohlingen. Auf dem Bild sieht man, dass wir in diesem Fall zwei Rohlinge verleimen und verzwingen.
Wir verwenden in der Regel D4-Leim und lassen die Bretter über Nacht verzwungen. Morgen geht es weiter 😉

 

Schritt 4 – Bau des Stirnholz-Rohlings
(Arbeitszeit: 30 min, Gesamte Arbeitszeit: 80 min)

Nachdem der Leim abgebunden ist und sogar die Nacht über Zeit zum Aushärten hatte, entfernen wir ausgetretenen und getrockneten Leim mit Hilfe eines Stechbeitels. Dann hobeln wir Ober- und Unterseite auf unserer Abrichte und dem Dickenhobel. Hier entsteht immer der erste „Aha-Effekt“, denn nun sehen wir wie das Holz unter der Jahrzehnte alte Außenschicht aussieht und welches Potenzial wir hier vorfinden.
Den abgerichteten Längsholz-Rohling sägen wir nun auf der Formatkreissäge in Querriegel.
Diese stellen wir nun aufrecht und legen durch Spiegeln, Drehen und Wechseln den finalen Look der Holzmaserung unseres gewünschten Brettes fest. Hier kommt der zweite „Aha-Effekt“. Denn nun sehen wir die Holzmaserung der Jahresringe und das volle Potenzial unseres Werkes.
Haben wir uns entschieden (das kann manchmal etwas länger dauern 😉), verleimen und verzwingen wir die Querriegel zum Stirnholz-Rohlingt. Wie ihr auf dem Bild sehen könnt haben wir uns hier für ein klassisches Wechselmuster entschieden.
Nun heißt es wieder warten während der Leim über Nacht wieder einmal aushärtet.

Info:
Die Breite der Querriegel mit etwas Zusatz entspricht der Dicke des späteren Stirnholz-Schneidebrettes.
Wie auf dem Bild zu erkennen haben wir hier 12 Querriegel mit jeweils einer Breite von etwa 4,5 cm gesägt. Da unser Längsholz-Rohling eine Stärke von 3,7 cm hat können wir also ein Stirnholz-Schneidebrett mit einer maximalen Länge von 12 x 3,7cm = 44,4 cm herstellen.

  

Schritt 5 – Fertigstellung des Stirnholz-Rohling
(Arbeitszeit: 15 min, Gesamte Arbeitszeit: 95 min)

Am folgenden Tag säubern wir wieder Leimfugen der letzten Verleimung und gehen mit dem Stirnholz-Rohling auf die Abrichte und den Dickenhobel um eine ebene und parallele Ober- und Unterseite zu erhalten. Nun werden die Ober- und Unterseite „kalibriert“ – Wir bringen das Brett mit Hilfe der Zylinderschleifmaschine auf die finale Stärke und erhalten ein perfekt planes Werkstück.

Info:
Das Hobeln von Stirnholz ist in der Holzwerker-Szene umstritten und soll wohl geübt sein.  Es beansprucht die Hobelmesser etwas mehr und sollte nur mit sehr wenig Zustellung durchgeführt werden. Außerdem besteht die Gefahr, dass an der Rückseite des Brettes Holzfasern herausbrechen können. Dies verhindern wir durch die Fräsung einer Fase an der Rückseite des Werkstückes.

 

Schritt 6 – Die Kerbstück-Kante
(Arbeitszeit: 10 min, Gesamte Arbeitszeit: 105 min)

Jetzt sägen wir unsere bekannte Kerbstück-Diagonalkante. Da wir die klassischen Griffmulden nicht so schön fanden haben wir uns eine besondere Kante ausgedacht, die das Anheben des Brettes erleichtert und gleichzeitig dem Brett ein einzigartiges Design gibt. denn unsere Bretter sind nicht nur besonders schön, sondern sollen auch funktional sein.
An der Kappsäge schneiden wir nachdem wir die Maße definiert und ausgerechnet haben vier Dreieck-Keile heraus.

 

Schritt 7 – Schweizerkante an den Längsseiten
(Arbeitszeit: 5 min, Gesamte Arbeitszeit: 110 min)

An den beiden Längsseiten unseres Brettes sägen wir nun an der Tischkreissäge eine 30° Schweizer-Kante um weitere Schrägen in das finale Design einzubringen.

 

Schritt 8 – Saftrinne fräsen
(Arbeitszeit: 10 min, Gesamte Arbeitszeit: 125 min)

Die Saftrinne fräsen wir mit Oberfräse und unserer selbst entworfenen Vorrichtung, welche wir einzig und allein für das Fräsen von Saftrinnen entwickelt haben. Die Saftrinnen werden in drei Durchgängen gefräst – halbe Tiefe, 90% Tiefe, volle Tiefe -. Dies vermeidet Brandspuren des Fräsers (diese bekommt man nämlich nur mit viel Schweiß und unter Fluchen per Hand herausgeschliffen).

Schritt 9 – Lasst die (Schleif-)Spiele beginnen
(Arbeitszeit: 50 min -ja das dauert 😊-, Gesamte Arbeitszeit: 175 min)

Es ist wahrscheinlich DER wichtigste Bestandteil im Prozess des Baus von Holzprodukten und wesentlich ihn sauber, in der korrekten Reihenfolge und penibel auszuführen. Denn man spürt wortwörtlich den Unterschied am Endprodukt.

Bevor es joch losgeht schauen wir und das Brett genau an und füllen z.B. kleine Artefakte wie Verästelungen mit Hartwachs.

 

 

Das Ziel beim Schleifen ist es die Spuren der maschinellen Bearbeitung des vorigen Schrittes zu beseitigen. Man sieht sehr gut auf den Bildern die Spuren, welche die Zylinderschleifmaschine auf der Oberfläche des Brettes zurückgelassen hat.
Diese schleifen wir nun mit unserem Exzenterschleifer und 80er Körnung weg. Dies dauert gerne einmal 15 Minuten bis alle Spuren weggeschliffen sind (Stirnholz eben 😉).

    

Die Schritte wiederholen wir mit 120er und anschließend 180er Körnung.

 

Per Hand schleifen wir außerdem die Saftrinne mit 120er Körnung aus.

Und weil man auch mal Pause vom Schleifen braucht können wir im gleichen Zug auch schon einmal unser Logo mit Hilfe unseres Brennstempels einbrennen (Achtung: hier hat man nur einen Versuch)

 

Auch die Positionen an der Unterseite wo die Silikonfüße montiert werden können wir bereits vorbohren.

Schritt 10 – Der letzte Schliff
(Arbeitszeit: 15 min, Gesamte Arbeitszeit: 190 min)

Vor dem letzten Schliff wässern wir einmal das komplette Brett. So schön sich das Brett nämlich hier vor noch anfühlt, sobald es mit Feuchtigkeit in Kontakt kommt stellen sich die Fasern, die wir bisher mit dem Schleifen noch nicht erwischt haben, auf und lassen es mit einer rauen Oberfläche zurück. Damit das nicht beim Kunden in der Küche nach dem ersten „Abwasch“ geschieht, nehmen wir das durch das Besprühen mit klarem Leitungswasser vorweg.

Nachdem das Brett getrocknet ist schleifen wir die Saftrinne nochmal mit 120er Körnung per Hand (Ja auch hier stellen sich die Fasern auf) sowie das gesamte Brett und alle Flächen mit 240er. Auch an den Kanten und Ecken gehen wir nun einmal entlang und „brechen“ sie.

Als letzten Schritt vor dem Finish montieren wir die Silikonfüße.

  

Schritt 11 – Finish Leinöl und unsere Boardbutter
(Arbeitszeit: 20 min, Gesamte Arbeitszeit: 210 min)

Der wohl schönste Schritt und immer wieder besonders spannend.
Wir ölen unsere Produkte mit reinem Leinöl und arbeiten es üppig in das Holz mit der Hand ein. Besonders Stirnholz nimmt sehr viel Öl auf. Bei Bedarf tragen wir erneut Öl auf.

  

Nachdem das Brett nahezu gesättigt ist vom Leinöl kommt unsere hauseigen hergestellte Boardbutter zum Einsatz. Auch diese arbeiten wir per Hand ein, lassen sie einwirken und polieren den Überschuss anschließend mit einem sauberen Tuch weg.

Jetzt steht unser fertiges Produkt in seiner vollen Pracht vor uns.

Info:
Unsere Boardbutter stellen wir selbst aus medizinischem Weißöl (geruchs- und geschmackslos) und lokalem Bienenwachs her. Besonders geeignet um deine Holzprodukte zuhause regelmäßig, wenn es mal wieder Zeit ist zu pflegen. Das Weißöl dringt in das Holz ein und revitalisiert es, während das Bienenwachs eine hauchzarte Schutzschicht um das Holz bildet. Ein toller Nebeneffekt ist der betörende Duft nach Bienenwachs. Die Boardbutter findest du selbstverständlich bei uns um Shop.

  

 

 

Nach nun etwa 3,5 Stunden reiner Arbeitszeit haben wir aus der alten Eichentischplatte zwei wunderschöne Stirnholz-Schneidebretter hergestellt. Hinzu käme sicherlich noch die Zeiten für Produktfotos, Onlineshop-Arbeit, Verpackung, Versand und alles was mit der Vermarktung eines Produktes zu tun hat, jedoch wollen wir uns hier mit der handwerklichen Arbeitszeit zufriedengeben.

Wir sind selbst auch immer wieder verblüfft wie viel Arbeit doch immer wieder in unseren Produkten einfließt, denken aber dass ein solch nachhaltiger Umgang mit Rohstoffen es immer Wert ist und solch alte Hölzer diesen Respekt mehr als verdient haben.

Wer weiß was dieses Holz schon alles erlebt hat?
An dem alten Esstisch wurde…

Die Familie zusammen getrommelt, so manch ein Festmahl aufgetischt, Geburtstage gefeiert, gelacht,  gestritten, Hausaufgaben erledigt, Mensch-ärgere-dich-nicht gespielt, der erste Freund/die erste Freundin den Eltern vorgestellt, über Trennungen hinweg getröstet, ein Glas Wein verschüttet, Die Soße vom Braten verkleckert, die Deutsche Einheit erlebt usw.

Die Liste könnte endlos gehen.

Wir freuen uns wenn auch Du Dinge die eine Geschichte erzählen wahrnimmst, Nachhaltigkeit und dadurch unsere Arbeit ebenso wertschätzt und wir dir unsere Begeisterung für diese Art von Handwerk vermitteln konnten.

Have a wonderful day!

   

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